die Seite 0848: Ulrike Meinhof

Mit der Person Ulrike Meinhof verbindet man zunächst eher Städte wie Hamburg oder Berlin. Aber Oldenburg?

In Hamburg hat sie mehrere Jahre als Journalistin gelebt und für die Zeitschrift konkret gearbeitet. Hier hat sie sich nach und nach mit ihren Kolumnen, Berichten und Aufsätzen zu einer einflussreichen und wichtigen Stimme der politischen Linken entwickelt. In den 1960er Jahren war Ulrike Meinhof eine bekannte und auch sehr anerkannte Journalistin.
Und in Berlin eskalierten Ende der 60er Jahre die Studentenunruhen. Rudi Dutschke und die APO dominierten die zahlreichen Demonstrationen, Aktionen und Diskussionen. Und inmitten dieser aufgeheizten Atmosphäre tritt auch Ulrike Meinhof immer wieder als klar argumentierende, scharf analysierende Intellektuelle in Erscheinung. Sie ist in dieser Zeit eine der bundesweit gehörten Stimmen der Linken.

Und nicht zuletzt ist Berlin auch der Ort, an dem Ulrike Meinhof schließlich den Schritt in die Illegalität tat, ihr bürgerliches Leben, ihre beiden Töchter verließ und zusammen mit Gudrun Ensslin und Andreas Baader in den Untergrund ging. In der folgenden Zeit wurde sie zur ideologischen Vordenkerin der ersten RAF-Generation.

RAF_Fahndungsplakat_(Aussch

(Ausschnitt eines Fahndungsplakates, ca. 1970/1972. Quelle: Bundesarchiv, Plak 006-001-058)

Vielen ist aber nicht bekannt: Ulrike Meinhof kommt aus Oldenburg. Sie wurde hier geboren und lebte mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester zunächst bis 1936 am Marschweg. Aus beruflichen Gründen (der Vater hatte eine Stelle in Jena angenommen) zog die Familie dann allerdings um. 1940 stirbt Ulrikes Vater plötzlich an Krebs. Die Mutter Ingeborg Meinhof kehrt nach Kriegsende schließlich mit ihren beiden Töchtern und zusammen mit der Freundin Renate Riemeck nach Oldenburg zurück. Ulrike Meinhof ist daraufhin von 1946 bis 1952 Schülerin an der Liebfrauenschule an der Auguststraße.

Ulrike Meinhof als Person ist in ihrer Radikalität und mit all ihren Widersprüchen schwer zu verstehen. Die Bandbreite ihrer Äußerungen ist enorm. Als Mädchen ist sie eine sehr gute und beliebte Schülerin, spielt Geige, liest viel, liebt Kunst, engagiert sich in der Kirche, ist sehr hilfsbereit und tritt immer wieder für andere ein. Ihre Mutter kritisiert ab und an lediglich Ulrikes Neigung zu „absoluten Äußerungen“. Es ist seltsam die Beschreibungen und Zeugnisse von und über Ulrike Meinhof aus dieser Zeit zu lesen und gleichzeitig die späteren RAF-Texte zu kennen (die maßgeblich von ihr geschrieben wurden). Am 17. Juli 1949 schreibt die 14jährige Ulrike Meinhof z.B. in ihr Tagebuch „Tue das Gute vor Dich hin und frage nicht, was daraus wird. Tschüss.“ (zitiert in B. Röhl, S. 161). Mehr als 20 Jahre später predigt sie den Hass und die Gewalt als adäquates Mittel „gegen die Schweine“ und zum Erreichen der eigenen politischen Ziele …

Ulrike-Meinhof-1973_655px

(Ulrike Meinhof bei einer Gegenüberstellung in der JVA Köln-Ossendorf am 5.4.1973. Quelle: Bundesarchiv, B 362 Bild-03173-234-003)

.

Links:

Seite zu Ulrike Meinhof bei wikipedia.

Literatur zum Weiterlesen:

Sara Hakemi und Thomas Hecken: „Ulrike Meinhof. Leben Werk Wirkung.
Suhrkamp Basis Biographie, Berlin 2010
‚Kompaktes‘ Buch, das gut lesbar einen Überblick über Ulrike Meinhofs Leben gibt und auch einige ihrer Texte etwas genauer analysiert.

Jutta Ditfurth: „Ulrike Meinhof. Die Biografie
Ullstein Verlag, Berlin 2010
Sehr umfangreich recherchiertes Buch, in dem wirklich jede Station im Leben der Ulrike Meinhofs detailliert beschrieben wird.

Alois Prinz: „Lieber wütend als traurig. Die Lebensgeschichte der Ulrike Marie Meinhof.
Beltz & Gelberg, Weinheim 2003
Das Zitat des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann zu Ulrike Meinhof am Ende des Hörganges entlang der Katharinenstraße stammt aus diesem Buch.

Bettina Röhl: „So macht Kommunismus Spaß! Ulrike Meinhof, Klaus Rainer Röhl und die Akte KONKRET
Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2006
Enthält u.a. viele Fotos von Ulrike Meinhof aus Kinder- und Jugendtagen – auch aus der Zeit in Oldenburg.

Texte von Ulrike Meinhof findet man hier:

Ulrike Marie Meinhof: „Die Würde des Menschen ist antastbar. Aufsätze und Polemiken.
Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2010
Texte von Ulrike Meinhof aus ihrer Zeit als Journalistin bei der Zeitschrift KONKRET in Hamburg.

Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF.
ID-Verlag, Berlin 1997
Enthält alle Texte der RAF, die Ulrike Meinhof maßgeblich mitverfasst hat.

Pieter H. Bakker Schut (Hrsg.): „das info. Briefe der Gefangenen aus der RAF 1973 – 1977
Neuer Malik Verlag 1987
Enthält Briefe und Texte von Ulrike Meinhof, die u.a. heimlich aus der Haftanstalt in Köln-Ossendorf geschmuggelt wurden.

Weitere Medien zu Ulrike Meinhof:

Regina Leßner: „Ulrike Meinhof. Mythos und Wirklichkeit“, Feature / Audio-CD
Der Audio Verlag, 2003

Stefan Aust: „Der Baader-Meinhof-Komplex“, Film / DVD
Paramount Home Entertainment, 2009

.